Damit Kinder im Grundschulalter unterrichtet werden können, müssen sie bereits zum sechsten Geburtstag Fähigkeiten entwickelt haben, um motorische und affektive Impulse alleine(!) zu regulieren z. B. zu stoppen. Diese Fähigkeiten werden üblicherweise mit einer sicheren Bindungsperson, meistens der Mutter (Eltern) entwickelt. Ähnlich ist es mit der Entwicklung der Steuerung von Aufmerksamkeit vom Säugling hin zum Grundschulalter. Bereits im KiGa-Alter sollte das Kind fähig sein über einen längeren Zeitraum mit einer Bezugsperson oder Spielkameraden konzentriert zu spielen und seine Aufmerksamkeit zu fokussieren. Das sollte es bis dahin von seinen Bezugspersonen gelernt haben – sich nicht von jeder Störung bzw. jedem Stimulus ablenken zu lassen. Diese Fähigkeit zum konzentrierten Spiel führt dann zur hochkonzentrierten Lern-Aufmerksamkeit in der Grundschule. Sicher gebundene Kinder haben das durch Erfahrungen mit den Bindungspersonen erlebt, wie sie in ihrer Aufmerksamkeit gesteuert, strukturiert und untertstützt wurden. Stellvertretend werde ich ab jetzt als Bindungsperson die Mutter nennen, obwohl es auch der Vater oder ein anderer Verwandter sein kann, der dem Kind eine sichere Bindung ermöglicht. Wenn ein Kind beim Spiel oder beim Erkunden neuer Herausforderungen abgelenkt wird, wird der Fokus durch die Mutter wieder ein Stück strukturiert im Sinne von Affekten, die das Kind überfluten und ablenken, es emotional zu halten, zu trösten, seine Angst mit ihm auszuhalten und zu ermutigen seine Aufmerksamkeit wieder dem zuzuwenden, was es vorher gemacht hat.
Diese Erfahrungen werden in einem sicheren Bindungsmodell verinnerlicht, d. h. eine wachsende Fähigkeit in der Grundschule, motorische Impulse, die Aufmerksamkeit und Konzentration selbst zu steuern.
Bei unsicher oder desorganisiert gebundenen Kindern sieht das anders aus. Sie haben größte Schwierigkeiten ihre motorischen Impulse oder Affekte zu stoppen oder gar zu steuern. Sie reagieren sofort auf Ablenkungsreize, können ihre Aufmerksamkeit schwer regulieren und zum ursprünglichen Fokus zurück kehren. Sie können im Grundschulalter den normalen Anforderungen des Lehrers, ruhig zu sitzen (dahingehend wäre noch zu diskutieren, ob dieses Lehrmodell nicht zu überarbeiten wäre), auf den Unterricht zu konzentrieren und Aufgaben zu lösen nicht entsprechen . Sie haben durch fehlende Binungssicherheit, frühere Traumatisierungen keine sicheren Bindungsmodelle verinnerlicht und daher fehlen ihnen auch diese Fähigkeiten sich konzentriert am Unterricht zu beteiligen. Diese Kinder sind auch oft schon im KiGa-Alter auffällig. Bei großen Klassen bestehen so viele Ablenkungsreize allein duch die Mitschüler, dass das desorganisierte Kind ständig in seiner Aufmerksamkeit gestört wird. Es gerät so unter Spannung, dass diffuse motorische Impulse mit dem Gefühl von innerer Unruhe auftreten. Diese werden dann ausagiert indem es duch die KLasse läuft, Kinder stört, sich mit ihnen irgendwie beschäftigt und sich vom eigentlichen Unterricht nicht beeindrucken lässt. Weil es sich ständig ablenken lässt und seinen Impulsen und seiner Neugier folgt, ist es schwer beschulbar.
Solche Kinder fallen immer wieder aus der Gruppengemeinschaft heraus und brauchen ständig die Aufmerksamkeit der Lehrerin. Häufig erhalten die Kinder die Diagnose ADHS. Bevorzugt werden sie mit Psychopharmaka behandelt, um sie ruhig zu stellen – was angesichts des Aufwandes in Schule und zu Hause teilweise verständlich (aber nicht zu befürworten) ist. Diese Psychomedizin hat erhebliche Auswirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn. Aus der Forschung weiß man, dass Kinder mit einer ausgeprägten ADHS Symptomatik überzufällig schon einige (beziehungs)traumatische (emotionale Traumatisierungen) Erfahrungen erlitten haben, so, wie ihre Mütter. Je mehr solche Traumatisierungen bis zur Grundschule erfahren wurden, desto ausgeprägter ist, nach den wissenschftlichen Erfahrungen, auch die ADHS-Symptomatik.
Methyphenidat, wenn es wirkt, hat eine beruhigende Wirkung auf sogenannte ADHS-Kinder, allerdings kommt es zu keiner Heilung, weil nur das Symptom behandelt wird. Wird es abgesetzt entsteht manchmal ein Rebound-Effekt, sodass die Symptome sich noch ausgeprägter darstellen. Oft wird es über Jahre eingenommen, manchmal in steigender Dosis.
Die Nebenwirkungen sind erheblich; hier seien nur Wachstumsstörungen, Pulsveränderung, Appetitmangel, Blutdruckveränderung, bis zu psychotischen Auffälligkeiten, genannt. Wie sich die Dauergabe über Jahre auf die Gehirnentwicklung auswirkt, steht noch in den Sternen.